Sehr schwer ist es, die Einsamkeit mit ihren Gefühlen und Wahrnehmungen zu beschreiben, jedoch weiß jeder der Lists (1687-1750) Gedicht einmal gelesen hat, was es bedeutet sie zu genießen. Wiederum erfährt man im Gedicht von R. Ausländer (1901-1988), welches aus der Moderne stammt, wie schrecklich und beängstigend sie sein kann, Im aufzuzeigen, wie unterschiedlich „ein und dieselbe Situation sich anfühlen kann, werde ich das Gedicht aus der Aufklärung „Lob der einsamkeit“ mit „Einsamkeit II“ im Folgenden vergleichen.
Der Inhalt von „Lob der einsamkeit“ beschreibt, wie schön das lyrische Ich doch die Einsamkeit findet. Sie bringt dich auf schöne Gedanken und lässt dich Verborgenes herausfinden. Das Versmaß ist ein vierhebiger Trochäus mit männlichem Ende, wobei dies nur für die jeweils erste und letzte Zeile jedes Verses gilt. Die übrigen werden von ebenfalls einem vierhebigen Trochäus, jedoch mit weiblichem Ende bestimmt. Alle Strophen dieses Gedichtes bilden eine eigene Einheit und hängen nur sehr wenig zusammen. Ein umarmender Reim zieht sich durch das Gedicht hindurch. Enjambements gibt es hier nur zwei, die sich am Ende der jeweils ersten Zeile des ersten und zweiten Vers befinden. Die Zäsuren sind an den Stellen der Beistriche.
In diesem ich-Gedicht ist schon in der zweiten Zeile eine Verstärkung zu erkennen. Die Worte „Schimpflich ausgehöhnet“ sind wie eine doppelte Verneinung. Im nächsten Vers könnte man in gewisser Hinsicht „Stilles leben“ als Oxymoron betrachten, da ein Leben immer blüht und niemals völlig still und ruhig ist. Immer gibt es, wenn auch nur minimalst, eine Art von Bewegung und Laut. Wie man auch gut erkennen kann, wird sogar unten in der dritten Strophe zum Schluss hin die Stelle diejenige sein, die ihn tröstet. Das heißt die Stelle selber macht etwas und ist aktiv, sie wird sozusagen personifiziert. Auch ein wenig weiter oben wird dem Unglück eine Personifikation zugeteilt.
Das ganze Gedicht wird von einer Assonanz auf „i“ und „c“ durchzogen. Diese macht das Gedicht irgendwie hell vom Klang her, was das Wohltun der Einsamkeit unterstreicht.
Im Gegensatz dazu ist „Einsamkeit II“ auf jeden Fall das traurigere Gedicht der beiden. Die Dichterin beschreibt die Verwirklichung einer grausamen Zeit, eines Albtraums. Es wird von Angst und Bangen geschrieben und dem Verlust von Leben. Auffällig an diesem Gedicht is, dass es kein Reimschema gibt. Es ist aufgebaut wie eine Erzählung. Ein Trochäus bestimmt zwar die erste Verszeile , jedoch kann kein einheitliche Versmaß für dieses Gedicht bestimmt werden. Es wechselt jede Zeile in ein neues. Die erste Strophe bildet eine Einheit, die zweite und dritte eine weitere und die vierte ebenfalls. Im ganzen Gedicht befindet sich kein einziger Beistrich, wobei im zweiten Teil nach dem Wort „verlassen“ eine Zäsur spürbar ist. Die Aussage „Weissagung der Zigeunerin“ hat auf eine gewisse Art und weise eine negative Konnotation, da Zigeunerin so abwertend und dreckig klingt. Jedenfalls gibt es auch in diesem Gedicht zwei Personifikationen. Am Anfang des zweiten Teils gleich wird dem Land eine Tätigkeit zugeschrieben und in den letzten beiden Verszeilen des dritten Teils umarmt die Einsamkeit, was ebenfalls nicht unbedingt üblich für sie ist. Gegen Anfang der dritten Strophe ist ein Oxymoron versteckt in den Worten „reden mit geschlossenen Lippen“. Wie wir alle selbstverständlich wissen, ist es unmöglich mit geschlossenen Lippen zu sprechen. Ebenfalls in dieser Strophe ist eine Epipher, denn das Wort Lippen schließt die zweite und dritte Verszeile ab. Der ganze letzte Teil ist eine sehr markante Ellipse. Die ganze Strophe bildet einen Satz, dem aber ein ganzer Teil fehlt. Es werden sozusagen zwei Sätze zusammengeschlossen zu einem, bei dem zu viele Prädikate vorhanden sind. Auch in diesem du-Gedicht liegt die Assonanz auf „i“ und „e“, wobei sie hier schwer zu erklären ist. Genauso gibt es eine Alliteration auf „w“ und „d“ in den ersten beiden Versen, welche auch mit der Häufung der Worte „dich“ und „du“ zusammenhängt.
Nun zum Vergleich der Gedichte. Neben anderen auffälligen Gemeinsamkeiten und Verschiedenheiten, ist die wohl am Stärksten auffallende Gemeinsamkeit die Einsamkeit. Wobei sich hier darüber streiten läast, ob es wirklich eine ist, denn sie wird völlig verschieden beschrieben. Gottlieb List beschreibt sie als etwas schönes, etwas, dass er gerne hat und sehr beruhigend für ihn ist. Hingegen beschreibt Rose Ausländer ihre Einsamkeit als grausam, ungewiss und angsterfüllt. Sie möchte so etwas nie mehr erleben und kann sich nichts Schlimmeres vorstellen, als das Vergangene oder Gegenwärtige, während List sogar schon fast, man könnte sagen, süchtig nach ihr ist und sie verherrlicht. Hierzu könnte man noch erwähnen, dass beide in einer völlig verschiedenen Zeit lebten und sehr große Differenzen in Betracht ihrer Volksschicht haben. Beide erleben sie völlig verschieden, die Einsamkeit.
Schlussendlich ist sicher, dass sich im Vergleich der Einsamkeit eine klare Differenz herauskristallisiert. Jedoch schrieben beide über dasselbe Thema. Die Gedichte sind so verschieden und doch so ähnlich. Man könnte sagen diese zwei Gedichte zeigen auf, wie viele Gesichter das Leben haben kann, dass es von allem ein Gut und ein Böse gibt.
Sonntag, 29. November 2009
Abonnieren
Posts (Atom)