Mittwoch, 22. Oktober 2008

Nationalratswahlen 2008 in Österreich

„SPÖ mit 29% Wahlsieger der Nationalratswahl 2008!“ Das war am Montag nach den Wahlen in vielen Zeitungen zu lesen. Für viele ein fantastisches Ergebnis, für andere doch nur eine bittere Enttäuschung. schon während des Wahlkampfes war es mehr oder weniger rätselhaft, welche Partei dieses Mal am meisten beeindrucken und punkten wird, denn von fast allen kamen nicht erwartete Standpunkte und Aussagen zu den einzelnen Themen. Die verschiedenen Wahlprogramme der Parteien sind aber nicht nur gutzuheißen, sondern es gibt auch gewisse Punkte, die stark zu kritisieren sind. Aus diesem Grund möchte ich im folgenden Text, diese Themen analysieren, in Frage stellen und auch bessere Ideen und Möglichkeiten dazu aufzeigen.



Werfen wir zunächst einen Blick auf die Wahlwerbung. Vor allem die SPÖ fiel mit ihren durch und durch roten Plakaten, die an so vielen Orten platziert waren, sehr auf. Mit kurzen Sätzen, wie zum Beispiel: „Genug gestritten“, brachten sie an, was zu sagen war. Sehr ruhig, diszipliniert und selbstbewusst schien Herr Faymann auch bei den Diskussionen mit den anderen Parteien zu sein. Sie hatten auch gleich zu Beginn einen Blitzstart. Direkt nach dem Entschluss zu den Neuwahlen, begannen sie mit Werbung.

Die ÖVP hat durch ihre Plakate keinen guten Eindruck gemacht. Ihre Plakate waren unüberlegt und unübersichtlich. Bei den Diskussionen versuchte Parteichef Molterer immer zu dominieren und ließ andere teilweise nicht mehr ausreden. Im Gegensatz zur SPÖ begannen sie erst sehr spät mit der Werbung ihrer Partei. Die ÖVP als die Partei, die die Neuwahlen forderten, hat somit total versagt.

Die FPÖ fiel vor allem durch ihre sehr radikalen Wahlsprüche auf. Durch sehr kurze, aber viel aussagende Ellipsen, wie zum Beispiel „Einkommen statt Auskommen“, haben sie klar gemacht, was sie wollen. Was meiner Meinung nach aber zu bemängeln war, ist die undisziplinierte Art von Parteichef Strache während den Diskussionen. Teilweise hatte man schon das Gefühl, ein Diktator würde vor einem stehen, und das in einem demokratischen Staat.

Bei den Grünen wiederum musste man einiges an Wissen über die österreichische Politik haben, um ihre Botschaft zu verstehen. Sehr aufgefallen sind mir die ernsten Gesichter darauf, welche sehr für Vertrauen und Ehrlichkeit sprechen. Genau das ist auch einer der bemerkenswertesten Punkte bei dieser Partei. Der Parteichef Van der Bellen ist einer der ehrlichsten Politiker und auch einer der besten. Er macht eine wunderbare Arbeit. Bei Diskussionen ist ein Ausraster oder auch nur eine beleidigende Aussage nicht einmal denkbar und das gibt dieser Person viel Autorität.

Das BZÖ machte sich bemerkbar durch sehr heimatbetonte Plakate, die jeden einzelnen direkt angesprochen haben. Es waren schöne Landschaften zu sehen und auch passende Sprüche dazu. Sie haben sich als heimatverbundene und volksnahe Partei vorgestellt, dabei vertreten sie sehr wohl das rechtsradikale Gedankengut.

Die restlichen Parteien waren sehr unauffällig. Von den Christen, RETTÖ und FRITZ war nahezu gar kein Informationsmaterial vorhanden. Das LIF und die KPÖ konnten wenigstens durch vereinzelte Werbung ein wenig Aufmerksamkeit gewinnen.


Alle dieser Parteien haben ein Mehr-Punkte-Programm aufgestellt und die für sie wichtigen Punkte immer und immer wiederholt. Jedoch sind manche für mich sehr wichtige Themen total untergegangen. Nahezu keine Partei außer der SPÖ, welche 1 ½ Seiten dazu geschrieben hat, hat auch nur irgendetwas zum Thema Kunst und Kultur in ihrem Wahlprogramm stehen. Ich finde dieses Thema genauso wichtig wie zum Beispiel die Förderung der Ausländer. Kultur und auch Kunst sind wichtige Schätze in einer Gesellschaft. Wenn diese verloren gehen, wird es das Wort „verschiedene Kulturen“ nicht mehr geben.

Auch zum Thema „Energiesparen“ haben die Parteien nicht viel gesagt. Zwar konnte man in den Wahlprogrammen lesen, wer fürs Energiesparen ist, jedoch wusste danach kaum jemand genau, was sie sich zum Beispiel unter Förderung alternativer Energiegewinnung vorstellen. Nur weil da steht „keine Förderung der Atomkraftwerke“, ist das noch nicht die Lösung des Problems. Man muss klar und deutlich sagen, was die Alternative dazu ist und wie sie umgesetzt werden kann.

Genau dieselbe Unklarheit war beim Themenbereich „Ehen und Partnerschaften von Homosexuellen“ festzustellen. Jeder wusste, welche Partei dafür ist oder dagegen, doch viel mehr Angaben hatte man wirklich nicht. Für mich persönlich ist wichtig, dass genau gesagt wird, was ist erlaubt und was nicht! Für manche Parteien war dieses Thema es nicht einmal wert als ein Absatz im Wahlprogramm vorzukommen. Da auch Schwule und Lesben ganz normale Bürger sind, die eigentlich dieselben Rechte besitzen wie alle anderen, sollten sie eine bessere Information darüber bekommen. Außerdem kann es gar keinen wirklichen Grund geben, um dagegen zu sein, denn warum sollten diese Menschen nicht auch mit der Liebe ihres Lebens den Bund der Ehe eingehen können und zusammen Kinder haben? Ich bin mir sicher, diese Kinder hätten ein wunderschönes Leben, denn diese Menschen gehören bestimmt zu den liebwürdigsten in unserer Gesellschaft. Viele denken, dass es für das Kind ein großes Problem sein würde zwei Väter oder Mütter zu haben. Doch dazu kann ich nur sagen, dass wenn es diese Gesetzesänderung geben wird, das alles sicher nicht mehr so fremd und kontrovers sein wird.

Jugend – auch ein Thema, welches noch ausführlicher behandelt sein könnte. Insbesondre das Jugendschutzgesetz. Es war nur immer die Rede von einem einheitlichen Jugendschutzgesetz, jedoch weiß ich bis jetzt noch nicht welche Variante des Gesetzes für ganz Österreich bestimmt sein wird. Es ist unklar, ob wir z.B. Alkohol ab 16 kaufen können oder erst mit dem vollendeten 18. Lebensjahr. Auch noch andere Punkte des Gesetzes sind fraglich für uns Vorarlberger, denn schließlich haben wir das strengste aller Gesetze und ich bin mir sicher, dass es eher schlechte Auswirkungen hat, wenn nun das „liberalere“ der Gesetze eingeführt wird.

In ganz Österreich wird auch vielfach auf die behindertengerechten Einrichtung in öffentlichen Gebäuden vergessen. Aber nicht nur die Einrichtungen, sondern auch die Arbeitsplätze für Menschen mit Handicap sind nicht ausreichend. Von diesem sehr wichtigen Thema war von keiner Partei etwas zu hören. Es wurde immer nur von Förderung für junge Menschen gesprochen und auch von der Bekämpfung der Arbeitslosigkeit, jedoch wäre es sehr wichtig auch den Menschen mit Behinderung eine Chance zu geben. Diese werden oft unterschätzt und als weniger arbeitsfähig betrachtet. Es gibt aber sehr wohl geeignete Arbeiten für sie. Man muss nur den Zugang dazu ermöglichen.

Beim Thema Bildung wurde so oft von den Studiengebühren und der Gesamtschule gesprochen, wobei man von der Berufs- und Schulberatung nahezu nichts zu hören war. Ich als Schülerin würde eine Berufsberatung als sehr hilfreich empfinden, denn es ist sehr schwer sich für das „Richtige“ zu entscheiden.

Auf eines der wichtigsten Themen haben sie überhaupt völlig vergessen: die Gesundheit. Immer mehr Arztbesuche müssen aus eigener Kassa bezahlt werden. Als Beispiel dazu die Zahnreparaturen. Die Krankenkasse zahlt nur 20% davon. Aus diesem Grund überlassen manche Menschen ihre Zähne lieber dem Schicksal, da die Reparatur zu teuer wäre. Meiner Meinung nach, und ich denke ich bin sicher nicht die Einzige, sollte Gesundheit keine Frage von Einkommen und Vermögen, sprich Luxus, sein.



In den Wahlprogrammen kann man eine ganze Reihe Gutes lesen, aber auch einige sehr bedenkliche Punkte. Gleich zu Beginn möchte ich den Sinn des Mindestlohns hinterfragen. Klar würden so alle ein sicheres Einkommen haben und viele Österreicher wären ein Stück weit befreit von ihren Schulden und Alltagssorgen, andere jedoch sind damit sicher nicht einverstanden. Denn die Blöden sind schlussendlich jene, die eine harte Arbeit machen, während andere nur auf der faulen Haut herumliegen.

Weiters wollen die Parteien die Wehrpflicht abschaffen, was in meinen Augen auch kein Fehler ist, doch sie geben immer noch mehr Geld für die Verteidigung des Landes aus, anstatt sie sich auf Katastrophenbekämpfung zu konzentrieren. Das Bundesheer sollte sozusagen redimensioniert werden und man sollte mehr Geld in Hubschrauber und andere wichtige Hilfsmittel stecken, anstatt sündteure Abflugjäger anzuschaffen.

Eines der meist erwähnten Themen des heurigen Wahlkampfes waren die Studiengebühren. Nahezu alle Parteien waren für die Abschaffung der Gebühren. Genau betrachtet ist das aber ein völliger Schwachsinn, denn jedem, der studieren geht und das Studium in vorgesehener Zeit über die Bühne bringt und es sich finanziell nicht leisten kann, dem wird ein Stipendium zugesprochen. Außerdem werden immer noch mehr Ausländer zu uns studieren kommen. Selbst wenn auch bewiesen ist, dass 80% dieser Studenten in unserem Land bleiben, so schnappen sie den Österreichern doch die Plätze weg.

Das wohl unverantwortlichste aller Themen ist jedoch die Senkung der Steuern. Was denken sich diese gescheiten und gebildeten Leute an der Spitze unseres Staates dabei. Wie wollen sie denn unsere Staatsschulden jemals zurückzahlen, wenn sie überall, wo es geht das Einkommen des Staates kürzen. Dann müssen sie nämlich allen Staatsbürgern anderswo das Geld wegnehmen. Sehr wahrscheinlich wurde dieses Thema wirklich nur als ein sogenanntes „Wahlzuckerl“ verwendet, denn es ist undenkbar so etwas durchzuführen.



Nur ca. 75% der gesamten Staatsbürgerschaft ging wählen. Was für ein schreckliches Ergebnis! Bürger, die es nicht einmal wert finden, bei der Regierungszusammensetzung mitzubestimmen. Viele gehen auch nicht wählen, da sie einfach zu bequem sind an einem einzigen Sonntag in 5 Jahren eine halbe Stunde früher aufzustehen. So etwas finde ich sehr unreif, denn genau diese sind schlussendlich jene, die sich über die „falsche“ Regierung aufregen.

Um für alle das Wählen und Mitbestimmen interessanter zu machen, sind folgende Maßnahmen nötig. Es sollten mehr Volksabstimmungen und Umfragen stattfinden und die Ergebnisse dann auch wirklich ernst genommen werden.
Ebenfalls wäre es sinnvoll, politische Bildung als Schulfach einzurichten. So wissen auch schon Kinder und Jugendliche was in der Politik vor sich geht.
Eine weitere Idee sind Flugblätter und andere Werbematerialien, die in Haushalte geliefert werden. Darauf würde aber nicht nur eine Werbung für eine bestimmte Partei zu sehen sein, sondern ein klarer Vergleich aller Parteien.
Doch das Wichtigste sind wohl doch immer noch die Politiker selber. Sie sollten für mehr Volksnähe sorgen, denn schließlich sind auch sie nur Bürger eines demokratischen Staates. Ebenso müssen sie, soweit es geht, einhalten, was sie versprechen, denn so steigern sie auch das Vertrauen des Volkes zur Regierung.
Am Allerbesten fände ich, wenn man sich nicht für eine Partei entscheiden müsste, sondern einzelne Personen wählen könnte. So würden sicher ein guter und funktionierender Haufen williger Politiker entstehen.



Wir sind in einer Zwickmühle. Die Parteien sind sich nicht einig und haben nur das Parteiwohl im Kopf. Ich bin schon gespannt, wer jetzt wohl die Regierung bilden wird und wann ich das nächste Mal wählen gehen werde. Schon jetzt hört man wieder von den ersten Streitereien und Uneinigkeiten. Für mich sollten nicht Parteien, sondern die „besten Köpfe“ des Landes die Regierung bilden! Ein Traum, aber er lebt.